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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.10.2006
Aktenzeichen: 4 Ws 490/06
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 1 | |
GG Art. 2 |
4 Ws 489/06 OLG Hamm 4 Ws 490/06 OLG Hamm
Beschluss
Strafsache
gegen A.X.
wegen Betruges u.a.
Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 19. September 2006 gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 9. Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Münster vom 13. September 2006 sowie gegen dessen Beschluss vom 18. September 2006 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. 10. 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde, die sich gegen die Verfügung des Vorsitzenden vom 13. September 2006 richtet, wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde, die sich gegen den Beschluss des Vorsitzenden vom 18. September 2006 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Angeklagte.
Gründe:
I.
Die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten findet seit Januar 2004 vor dem Landgericht Münster statt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 7. September 2006 den Sachverständigen Dr. Y. mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens darüber beauftragt, ob und ggf. inwieweit der Angeklagte aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen in seiner Fähigkeit eingeschränkt ist, Gehörtes zu verarbeiten und inhaltlich zu verstehen. Der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer hat unter dem 13. September 2006 eine Reihe von Ablichtungen aus den Vorgängen fertigen lassen und diese mit einem entsprechenden Anschreiben an Dr. Y. übersandt. Ferner hat er einen Vermerk über den Inhalt eines Gespräches mit dem Sachverständigen sowie über das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung niedergelegt.
Der Verteidiger Dr. Z.hat mit Schriftsatz vom 15.09.2006 beabsichtigt, an der beabsichtigten Untersuchung seines Mandanten durch den Sachverständigen teilzunehmen und Akteneinsicht in dessen schriftliches Gutachten zur Vernehmung in der Hauptverhandlung zu nehmen. Der Antrag auf Teilnahme an der Untersuchung ist durch Beschluss des Vorsitzenden der Wirtschaftsstrafkammer vom 18. September 2006 abgelehnt worden und der Antrag auf Akteneinsicht als gegenstandslos zurückgewiesen worden.
Der Angeklagte wendet sich mit dem Schriftsatz seines Verteidigers Petri vom 19.09.2006 gegen den Vermerk des Vorsitzenden vom 13. September 2006, weil er diese Verfügung für unzulässig hält und erhebt hilfsweise den Rechtsbehelf der Beschwerde. Auch gegen den Beschluss des Vorsitzenden vom 18. September 2006 erhebt der Angeklagte Beschwerde.
Den Beschwerden hat der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer mit Verfügung vom 28. September 2006 nicht abgeholfen.
II.
1. Die Generalstaatsanwaltschaft hat zum Rechtsmittel des Angeklagten u.a. wie folgt Stellung genommen:
"Soweit sich der Angeklagte A.X. die Verfügung des Vorsitzenden vom 13.09.2006 wendet, ist seine Beschwerde unzulässig. Denn eine konkrete Prozesshandlung des Gerichts wird nicht angefochten. Vielmehr versucht der Vorsitzende in seinem Vermerk den Eindruck wiederzugeben, den der Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung gemacht hat. Denn diese Information benötigt der Sachverständige zur Erstattung seines Gutachtens. Letztlich wendet sich der Angeklagte also gegen die Verhandlungsführung der Vorsitzenden insgesamt. Diese kann aber nur mit der Revision gegen das Urteil angefochten werden."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt der Senat sich an.
2. Soweit sich der Angeklagte gegen den Beschluss des Vorsitzenden vom 18. September 2006 wendet, ist die Beschwerde zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Angeklagte hat keinen Anspruch auf Anwesenheit seines Verteidigers während der Exploration durch den Sachverständigen. Grundsätzlich ist die fachliche Durchführung der Untersuchung allein Sache des Sachverständigen, er hat hinsichtlich der Methodenwahl und der Informationsbeschaffung freie Hand. Das Gericht darf ihm keine Weisungen erteilen, auf welchem Weg er das Gutachten zu erarbeiten hat. Wenn es der Sachverständige für erforderlich hält, die psychiatrische Untersuchung des Beschuldigten in Abwesenheit dritter Personen, insbesondere des Verteidigers, vorzunehmen, weil er dadurch eine Verfälschung des Ergebnisses der Exploration befürchtet, bewegt er sich im Rahmen seiner Fachkompetenz. Es gibt keinen wissenschaftlichen Standard, der die Anwesenheit Dritter bei der Untersuchung vorsieht. Das Recht des Beschuldigten, sich in jeder Lage des Verfahrens anwaltlicher Hilfe zu bedienen, führt nicht zu einem Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der Exploration. In der Strafprozessordnung ist ein solches Anwesenheitsrecht nicht vorgesehen. Auch wenn die Exploration je nach Gutachtenauftrag vernehmungsähnliche Elemente haben kann, ist sie mit den Vernehmungen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht nicht gleichzusetzen. Zudem ist die Anwesenheit des Verteidigers auch nicht erforderlich, um sicherzustellen, dass die Begutachtung den medizinischen Standards und der Strafprozessordnung entspricht. Weigert sich der Proband, an der Untersuchung teilzunehmen, muss er sich gefallen lassen, dass das Gutachten auf einer schmalen Befundbasis erstellt wird (Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 8. August 2002, S. 5 f - 3 StR 239/02 -).
Da der Sachverständige die Anwesenheit der Verteidiger nicht gewünscht hatte, gibt der Beschluss des Vorsitzenden die obige Rechtslage zutreffend wieder.
III.
Die Kostenentscheidung trägt der Erfolglosigkeit der Rechtsmittel Rechnung.
Ende der Entscheidung
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